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Drachenmädchen #13
Eine tolle Sache, so ein Fanzine im alten Stil, auf eine ganz angenehme und verwegene Weise unzeitgemäß. Allen Trends zum Trotz bzw. einhergehend mit bzw. analog zu ihnen: Physische Musik lebt, es geht ihr sogar einigermaßen gut, sogar auf Papier.
Angesichts eines zwar an Publikationen nicht armen, aber inhaltlich nicht immer erstligatauglichen Angebots an Musikzeitschriften vielleicht nicht so verwunderlich, aber dennoch enorm wichtig: Das Fanzine als Fanzine – in all seiner Subjektivität und Vor- und Beiläufigkeit ist einfach nicht totzukriegen. Auch nach so vielen Jahren nicht. Schön.
Die Texte, die mir auf Anhieb am besten gefielen, waren „Twen Depression“ und „Weinen auf der Auslaufrille“. Bei „Twen Depression“ konnte ich richtig mitfühlen, was Mika da auf der Seele brannte. Die Beschreibung der nächtlichen Autofahrt zwischen Baum und Borke, Fuchs und Hase, Münster und Warendorf etc. hat bei mir Erinnerungen an entsprechende Trips auf dem Weg nach Rieste von Läden wie dem Fiz Oblon in Bippen bzw. dann Nortrup oder Hyde Park in Osna wachgerufen. „Weinen in der Auslaufrille“ war eine kleine Offenbarung für mich. Wie Carsten Sandkämper da seine Hör-Erlebnisse, die ihm das Vinyl geschenkt hat, vermittelt, wie er Musik beschreibt, die Bands und Musiker (Talk Talk, Visage, Propaganda!!!), die er so alle erwähnt – all das hat echt meinen Horizont erweitert.
Nicht dass die anderen Beiträge schlecht wären, auf keinen Fall. Danke an Tobi für seine Beiträge, auch die Interviews mit den Machern von Deaf Forever und Ox sind spannend.
Besonders eingehen möchte ich noch auf Jans Top-5-mit-18-Text. Der ist nicht nur deshalb cool, weil darin gewissermaßen ein Teil der Vorgeschichte von Duesenjaeger und Family nacherzählt wird, noch dazu aus der Perspektive eines der Protagonisten – Tobi kommt ja auch drin vor -, vielleicht ist es die Art und Weise, wie Jan dem Leser Platten von Rorschach, Neurosis, Blumen etc. ans Herz legt und in Erinnerung ruft, die mich besonders berührt hat; oder es sind ganz andere Gründe, die dazu geführt haben, dass ich mich nach dem Lesen ausgerechnet dieses Textes animiert fühlte, meine persönliche Top 5 mit 18-Liste zu erstellen. Bei mir war es November 1991, als es soweit war. Auch ich will mich nicht auf eine bestimmte Reihenfolge festlegen. Ich nenne einfach nur die Alben:
- Jingo de Lunch – Axe to Grind
- Mudhoney – Superfuzz Bigmuff (ist eine Mini-LP, aber egal…)
- Life…But How to Live it – Day by Day
- Adolescents – Same
- Pixies – Surfer Rosa
Wenn ich an die Zeit Anfang der Neunziger zurückdenke, muss ich daran denken, wie sehr die verschiedenen Stile und Szenen aufgemischt wurden durch das große Grunge-Ding. Bis „Nevermind“ waren ja meiner Erinnerung nach auch Bands wie Nirvana und Mudhoney irgendwie in den Punk-/HC-Kosmos. Jedenfalls bestellte man beim Malibu-Versand sein Nirvana-Shirt zusammen mit seiner Minor-Threat 7#. Das änderte sich mit dem Megaseller und dem Teen Spirit dann doch erheblich. Verunsicherung und Angst wegen Uncoolness und Dazugehören brachen sich Bahn. Am Ende stand dann nur eins fest: „Crucial Youth gehen gar nicht.“
Drachenmädchen #13 zu lesen hat mich ganz schön gepackt, gutes Heft. Besonders auch weil sich die meisten Texte jenseits tränenseliger Nostalgie bewegen. Und wenn „Opa“ wirklich mal „vom Krieg“ erzählt, ist das auch nicht weiter schlimm, nur Punk, das hat Martin Büsser irgendwann mal so oder so ähnlich geschrieben, hat nicht nur mit Verhalten (Coolness, Szene-Codiertheit, Outfits, Marken) zu tun, sondern auch mit Haltung. Und wo letztere durchkommt, ist es wirklich großartig, das Drachenmädchen zu lesen.
Dirk